Bunte, geometrische Rechtecke und Quadrate als auch Dreiecke, die auf verschiedene Weise zusammen gesetzt werden, so dass sie im Ganzen die Form einer auf der Spitze balancierenden Raute ergeben. Gemalt auf einer naturbelassenen Leinwand, so dass sie nach vorn tritt und einzig und allein für sich wirkt.
Die Raute (auch Rhombus genannt) ist eine in sich ausgewogene zweidimensionale Figur der Geometrie. Ihre Seiten sind immer gleich lang und die gegenüber liegenden Dreiecke haben immer den gleichen Winkel. Sie wirkt ausgewogen in sich. Steht Sie auf einer Ihrer Spitzen (Winkel) wirkt sie dynamisch.
Mit den mathematischen Gesetzten dieser geometrischen Form spielt die Künstlerin Anna Tatarczyk in ihren Raute-Bildern. Zum Beispiel sind nicht in allen Rauten die Winkel der inneren Dreiecke gleich, so dass aus der flachen Raute eine dreidimensionale Pyramide entsteht, wie in den Bildern der Gipsy-Serie von 2019 und 2020 (siehe Katalog unten, Nr. 8 und 9).
Katalog_ArtConsultingMese_Nr.8_Gipsy(Karussell)_AnnaTatarczyk
Gipsy, Katalog Bild-Nr. 8
Es bleibt spannend, in welche Tiefen der farblichen Gestaltung der Raute uns die Künstlerin in Zukunft noch entführen wird. Vielfältig bleibt es bestimmt.
Gipsy, Katalog Bild-Nr. 9
In ihren Arbeiten spielt die Künstlerin mit dem Phänomen der Wahrnehmung auf eine scheinbar einfache Art und Weise, da sie sich nur einer Form bedient. Jedoch taucht sie so tief in die mögliche Vielfalt der Gestaltung der Raute ein, dass sie manchmal an dieser Herausforderung verzweifelt, zugleich aber nicht aufhören kann diese auf der Leinwand zu präsentieren – wie sie selbst an dem FrauenArt-Abend im Sommer 2020 ihrem Publikum anvertraut.
Anna Tatarczyk Art Consultng Mese
Künstlerin Anna Tatarczyk
Bemerkenswert an diesen Arbeiten ist, dass durch die Nuancierung der Farbe und die Verteilung der Flächen innerhalb der Grundform der Raute unterschiedliche dreidimensionale Objekte, wie die Pyramiden (siehe oben) entstehen oder andere geometrische Gebilde, wie z. B. in dem Bild Karussell (siehe Katalog unten, Bind. Nr. 1).
Katalog_ArtConsultingMese_Nr.1_Savant (Karussell)_AnnaTatarczyk
Karussell, Katalog Bild-Nr. 1
Dabei bleibt Anna Tatarczyk mal innerhalb einer Farbfamilie, wie z. B. im Bsp. Gipsy (siehe Katalog unten, Bild Nr. 12) oder sie wählt die unterschiedlichen Farben so, dass sie miteinander harmonisieren, wie z. B. in Savant (blau rosa) (siehe Katalog unten, Bild Nr. 7). In diesen Bildern unterstützt die Farbe und daraus resultierende Schattierung, dass vor unseren Augen ein dreidimensionales Objekt sich aus der zweidimensionalen Fläche des Bildes herausformt.
Es bleibt spannend, in welche Tiefen der farblichen Gestaltung der Raute uns die Künstlerin in Zukunft noch entführen wird. Vielfältig bleibt es bestimmt.
Gipsy, Katalog Bild-Nr. 12
Katalog_ArtConsultingMese_Nr.7_Savant (blau-rosa)_AnnaTatarczyk
Savant (blau-rosa), Katalog Bild-Nr. 7
Wichtig ist, dass die Künstlerin die Kanten ihrer Rauten immer haarscharf lässt – sowohl außen als auch innen – und das Kolorit sich oft nur ein wenig in seiner Helligkeit und somit Intensität unterscheidet. Diese präzise Arbeitsweise suggeriert einen Lichteinfall, was die Dreidimensionalität unterstützt. Viel bedeutender ist jedoch, dass hier auch deutlich wird, dass es schon immer in der Malerei (und später auch Fotografie) um die Darstellung von Licht geht, dessen unterschiedliche Wellenlängen uns Menschen verschiedene Farben (z. B. Blau = kurzwelliges Licht und Rot = langwelliges Licht) sehen lassen.
Genau dieses Prinzips bedient sich auch Anna Tatarczyk, denn die Farben sind höhst präzise erarbeitet, bevor sie auf die Leinwand gebracht werden. Ist die Nuancierung zu stark oder zu schwach, entsteht der gewünschte Effekt nicht und die Arbeit ist ruiniert. Hier steht die Künstlerin in der Tradition von Paul Cézanne, einem der Väter der Moderne. Cézanne wusste ganz genau über die gegenseitige Wechselwirkung der Farben. Er beobachtete, dass ein Blau neben einem Grün anders erscheint als neben einem Rot. Daher war in seiner Arbeit für ihn wesentlich, wohin er mit welcher Farbe einen Pinselstrich auf die Leinwand setzt. War die Platzierung in seinen Augen misslungen, malte er nicht mehr weiter, da die Gesamtwirkung nicht mehr stimmte. Folglich gibt es einige Bilder des pedantischen Künstlers, die unvollendet sind. Folglich gehören die Werke, die er vollendet hat zu den Meisterwerken der Klassischen Moderne.
Es bleibt spannend, in welche Tiefen der farblichen Gestaltung der Raute uns die Künstlerin in Zukunft noch entführen wird. Vielfältig bleibt es bestimmt.
Beispiel für die Suche von Anna Tatarczyk nach den zueinander passenden Farbnuancen
Sehr gut ist diese präzise Farbwahl in dem Bild Savant (Kreuz II) (siehe unten Katalog, Bild Nr. 6) nachvollziehbar.
Katalog_ArtConsultingMese_Nr.6_Savant (Kreuz II)_AnnaTatarczyk
Savant (Kreuz II), Katalog Bild-Nr. 6
Hier wirken manche der Farben sogar lasierend und vermitteln uns den Eindruck ein weißer Schleier liegt über der Raute. Tut er aber nicht. Es ist das Ergebnis der exakten Farbmischung. Zusätzlich teilt die Künstlerin diese unterschiedlichen Farbnuancen in verschiedene geometrische, von einander immer scharf getrennte Formen. Dadurch spielen sie zusammen oder überlappen sich sogar. Es entstehen Ebenen und geometrische Figuren innerhalb der verschiedenen Formen selbst und unsere Wahrnehmung bekommt immer wieder einen neuen Reiz, der immer wieder zwischen Zwei- und Dreidimensionalität kippt.
In diesem Bild ist die „Vielfältigkeit der Raute“ fast wortwörtlich sichtbar. Wir sehen mehrere kleine und in ihrer Farbe variierenden, gleichgroßen Rauten, die die Basis der Grundraute ausfüllen und diese gleichzeitig bilden. Scheinbar darüber kreuzen sich zwei weitere, sehr schmale und spitze Rauten in einem lasierenden Weißton, der jedoch nicht weiß ist (siehe oben). In deren Kreuzungspunkt und genau der Mitte der Basisraute entsteht wiederum eine weitere Rautenform, die genauso groß ist, wie die kleinen Rauten der Basis selbst. Dabei bleibt undefiniert, welche der Formen wirklich zueinander gehören. So geht das Spiel der Dimensionen weiter und der Künstlerin eröffnet sich ein Breites Feld an unendlichen Möglichkeiten.
Diese untersucht Anna Tatarczyk auch in ihren sehr kontrastreichen Werken. Hier folgt die Künstlerin dem Grundverständnis der Malerei von Henri Matisse:

"Malen heißt nicht Formen färben, sondern Farben formen."

Henri Matisse
In diesen Bildern rückt die Farbe an sich sehr stark in den Vordergrund, wie z. B. in Savant (siehe Katalog unten, Bild. Nr. 5) oder Candy (siehe Katalog unten, Bild Nr. 2).
Katalog_ArtConsultingMese_Nr.5_Savant (rot-blau)_AnnaTatarczyk
Savant, Katalog Bild-Nr. 5
AnnaTatarczyk_Candy2020_FrauenArt2020_ArtConsultingMese
Candy, Katalog Bild-Nr. 2
In dem zweiten Beispiel (Candy) wird die Intensität der Farbe sogar so dominant, dass die Dreidimensionalität nur an den Kanten im Innern der Raute sichtbar wird. Interessant an diesem Bild ist, dass die Formen, die das Innenleben der Figur gestalten, hier überwiegend sehr langgezogene Rechtecke somit dickere Linien sind. Wer Annas Tatarczyk Oeuvre kennt, weiß, dass sie vor Jahren mit Tesafilm großformatige abstrakte Bilder (bis ca. 2 x 3 m) klebte. In diesem kleinen Format vermischt sie die Gestaltungsweise der Tafelbilder mit der sie im Moment faszinierenden Raute. Es offenbart sich ihr jedoch, dass eine zu unterschiedliche Modulation der Formen in zu kontrastreichen Farben auf einem zu kleinen Format die Gesamtwirkung eher stört.
Hingegen vereint das Bild Candy (Kreuz) (siehe Katalog unten, Bild Nr. 3) anschaulich die Aspekte, die die Anna Tatarczyk aktuell beschäftigen: Hier wirkt die Wechselwirkung der intensiven Farben, die sogar Komplementärkontraste bilden (Rot – Grün und Violett – Orange), harmonisch, obwohl jede Farbe für sich präsent ist. Die Farbflächen sind zwar linear angelegt jedoch verändern sie sich in ihrer Breite und somit auch in ihrer Größe. Je intensiver die Farbe, umso kleiner ihre Form. Folglich wirken die Farben ausgewogen, obwohl sie an sich sehr stark miteinander kontrastieren. Auch die Farbabstufung (siehe oben) innerhalb der einen Farbe selbst suggeriert den Lichteinfall von der rechten Seite.
Katalog_ArtConsultingMese_Nr.3_Savan
Candy (Kreuz), Katalog Bild-Nr. 3
Bemerkenswert ist, dass innerhalb der Grundfläche der Raute Durchbrüche offen sind. Diese gewähren uns durch ein dünnes X, das mittig auf der gesamten Figur platziert ist, einen Blick auf einen dunkel-blauen Streifen. Dieser ist offenbar ebenfalls in der Mitte platziert, befindet sich aber hinter der Raute.
Es ist ein neues Gestaltungsmittel im bisherigen Rauten-Oeuvre der unermüdlich forschenden Künstlerin, das weitere Wahrnehmungsspiele zulässt. Zusätzlich bildet sich mittig auf der Raute eine weite Raute heraus, die spitz und schmal ist.
Das Auge springt von einer Farbfläche zur anderen, vom Vordergrund in den Hintergrund, von der Dreidimensionalität in die Fläche sowie von der Gesamtwirkung hin zum Erscheinungsbild der einzelnen geometrischen Figuren.
Es bleibt spannend, in welche Tiefen der farblichen Gestaltung der Raute uns Anna Tatarczyk in Zukunft noch entführen wird. Vielfältig bleibt es bestimmt.
Sie wollen wissen, wie der FrauenArt-Abend im Atelier von Anna Tatarczyk war? Das erfahren sie hier.

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